2004 New Orleans

Die Blütenweg-Jazzer bekamen zum 25-jährigen Bestehen der Band und nach drei Auftritten in New Orleans die Ehrenbürgerschaft

Bensheim. Eigentlich war es eine Schnapsidee, wie schon die Gründung der Bensheimer Blütenweg-Jazzer durch Professor Dr. Bruno Weis eine Schnapsidee war. Die eine kam ihm vor 25 Jahren, als er die Band zusammen mit weiteren Dixie-Freunden gründete. Die andere hatte er vorigen Winter. Er träumte davon, das Band-Jubiläum in New Orleans, der Wiege des Dixielands, samt Mitstreitern zu feiern. Als dann irgendeiner auf die Idee kam, daraus eine regelrechte Veranstaltung zu machen, wurde dies auch wohl wollend aufgenommen. So fünfzehn, zwanzig Fans werden wohl mit uns fahren, meinten die Blütenweg-Jazzer. Sie sollten sich täuschen.

Als die Maschine Mitte Oktober in den Süden der Vereinigten Staaten abhob, zählte Organisator Bernd Degenhardt vom gleichnamigen Auerbacher Reisebüro 111 Köpfe. Degenhardt hatte dafür gesorgt, dass man bei aller Liebe zum Dixie auch ein ordentliches Rahmenprogramm geboten bekam. So besichtigte die Gruppe die Laura Oaks Plantations, auf der die Zeit seit 1704 still zu stehen schien. Diese Baumwollplantage mit ihren Herrensitzen war unter anderem die Kulisse von "Vom Winde verweht".

Bei einer Swamp-Tour ging es mit flachen Motorbooten in die Sümpfe, wo man man unter anderem große Sumpfschildkröten sah und bis zu 1,5 Meter große Alligatoren mit March-Mellows fütterte. Von den ganz großen Exemplaren hielt man sich vorsorglich fern.

Ein Highlight der Tour war die Fahrt auf der "Natchez", einem rund 1000 Passagieren fassenden dreistöckigen Schaufelrad-Dampfer, der noch von einer echten Dampfmaschine betrieben wird. Hier hatten die Blütenweg-Jazzer einen ihrer denkwürdigen Auftritte.

Während die "Natchez" im Mississippi -Delta kreuzte, tauschte die dreiköpfige Dampfer-Band die Bühne mit den Blütenweg-Jazzern. Die offiziellen "Botschafter der Bergstraße" heizten den Passagieren derart ein, dass die eher lahme Steamboat-Combo mehr als eifersüchtig wurde. Weis: "Als sie uns den Strom abdrehten, haben wir noch eine Weile "unplugged" weitergespielt und hatten Zugabe-Forderungen noch und noch - und das von einem überwiegend amerikanischen Publikum." Die Band wertet die unkollegiale Missgunst als tolles Kompliment.

Die Blütenweg-Jazzer hatten noch zwei weitere Auftritte in New Orleans. Einmal spielten sie im "Fritzl's" an der Bourbon-Street. Das Publikum ging so begeistert mit, dass aus einer geplanten Stunde zwei wurden. Überhaupt ist laut Aussage von Professor Weis die Bourbon-Street ein einmaliger Ort. Weis beschreibt sie so: "Reeperbahn plus Drosselgasse und das fünfmal so laut, dann liegt man richtig."

Geadelt wurden die Blütenweg-Jazzer aber mit ihrem Auftritt im Pavillon des Rathauses, der City-Hall. In Vertretung von Bürgermeister Ray Nagin wurde ihnen von der Kulturreferentin Nancy Cean die Urkunden der Ehrenbürgerschaft überreicht. Und noch eines haben die musikalischen Botschafter der Bergstraße erreicht. Der 22. Oktober wird im Kalender von New Orleans ab sofort als "The Original Blutenweg Jazzband Day" geführt.

Die Blütenweg-Jazzer traten in der bekannten Besetzung auf. Die kleineren Instrumente hatten die Musiker im Gepäck. Schlagzeug und Bass lieh man sich vor Ort ebenso wie die Verstärker- und Lautsprecheranlagen.

Die Fan-Gemeinde der Blütenweg-Jazzer ist groß. Da traf es sich gut, dass Stadtverordnetenvorsteher Franz Treffert im Rathaus von New Orleans für das "Offizielle" gewappnet war. Sogar an die Bensheimer Stadtfahne hatte er gedacht. Der Sound der Dixieband und das einmalige Angebot der Geburtstags-Tour lockte aber auch andere kommunale Würdenträger nach New Orleans. So nahm auch der Groß-Gerauer Bürgermeister Helmut Kinkel an der Reise teil.

Als "Special Guest" mit dabei war der norddeutsche Jazz-Interpret Peter Petrel, der die Blütenweg-Jazzer auch schon bei Konzerten in unseren Breiten begleitete. Der als Jazzer hoch dekorierte Petrel hatte in New Orleans bei den Auftritten quasi ein Heimspiel. Petrel war schon 13 Mal in dieser lauten, heißen und quirligen Dixie-Metropole und hatte seine Ehrenbürgerschaft schon längst in der Tasche.

Untergebracht war die Gruppe im Holiday-Inn Express Hotel zwei Blocks vom French Quarter entfernt. Sechzehn Personen hatten von der Option Gebrauch gemacht, um sich anschließend bei einer Woche Badeurlaub in Miami von New Orleans zu erholen ..

Und was planen die Blütenweg-Jazzer als nächstes? Mehr als die Ehrenbürgerschaft in New Orleans kann man als Dixie-Band nicht erreichen; also wird es hier keine Wiederholung geben. Die Atmosphäre auf der "Natchez" hatte es der Band aber angetan. Als Nächstes will Bandleader Bruno Weis seine Gruppe zur Unterhaltung der Gäste auf einem großen Kreuzfahrtschiff anheuern lassen. bj

© Bergsträßer Anzeiger - 02.11.2004