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Jazz im Glacier Express
Der diesjährige Ausflug des Fanclubs, der Original Blütenweg-Jazzer stand unter dem Motto: „Glacier Express und Zauberberg“.
Am frühen Sonntagmorgen starteten 88 Fans und Musiker mit ihren Instrumenten, in zwei Bussen Richtung Davos. Die Vorsitzende, Tanja Formatschek, hatte die Reise wieder mal hervorragend, bis ins Detail, vorbereitet und selber für ein Lunchpacket, für alle Reiseteilnehmer, gesorgt.
Nach einer entspannten Fahrt durch den sonnigen Süden, mit der beginnenden Herbstlaubverfärbung, erreichte man gegen 16.30 Uhr das Hotel „Hilton Garden Inn“ in Davos-Platz, das für die nächsten Tage die Unterkunft der großen Gruppe sein würde.
Leider begrüßte der kommende Tag die Fans mit Nieselregen und wolkenverhangenen Berggipfeln. In Begleitung zweier örtlicher Reisleiter, die die Gruppen auch während der nächsten Tage betreuen würden, ging es mit der Standseilbahn, ca. 300 Höhenmeter hinauf, zur Schatzalp. Das im Jahre 1900 als Lungen-Sanatorium eröffnete, heutige Jugendstielhotel, diente Thomas Mann, in seinem Roman „Der Zauberberg“, in dem er das Leben im Sanatorium beschrieb, als vor Vorlage. Damals bezahlten die Patienten ein Vermögen für einen Platz dort, für modernsten Luxus im Jugendstiel, den man auch heute noch erkennen kann. Nach einer, etwa einstündigen, Führung mit Informationen über die bewegende Geschichte des Hauses und einem sehr exquisiten Apéro mit „Bündener Spezialitäten“, ging es zurück ins Hotel. Bedauerlicherweise konnte man die Vielfalt des botanischen Alpengartens, bestehend aus über 5000 verschiedenen Pflanzenarten und – Sorten, aus allen Gebirgen der Welt, wegen des Schneeregens, nicht wirklich genießen.
Am Nachmittag brachten die Busse ihre Insassen, auf einer landschaftlich wunderschönen Strecke durch die schroffe Bergwelt, in eines der schönsten Graubündener Alpendörfer, nach Bergün. Am Fuße des Albulapasses gelegenem, 1370 m ü. M., klein und fein, authentisch und mitten in der Natur. Trotz des Regens, konnte man bei einer Ortsführung durch die engen Gassen, die zum Teil, mehr als 500 Jahre alten Häuser anschauen, mit den alten Wandmalereien, den alten Haustüren, den kleinen Fenstern mit den Blumenkästen und den obligatorischen Bänken neben der Haustür.
Im „Hotel Kurhaus“, das mit seinem beachtlich komfortablen und bemerkenswerten Jugendstiel-Interieur schon 1906 eröffnet wurde, gaben die Blütenweg-Jazzer für ihre Fans, Feriengäste und einheimische Gäste ihr erstes Konzert. In dem prachtvollen, ganz in hellblau gehaltenen Saal, mit einer tollen Akustik, begeisterte die Band um Prof. Dr. Bruno Weis, diesmal mit den Musikern Hubert Ensinger (Trompete, Akkordeon, Gesang), Peter Glenewinkel (Posaune), dem "Gast" Hermann Peitz (Saxophon, Klarinette, Querflöte), dem "Gast" Roland Ulatowski (Bass), dem weiteren "Gast" Tommy Debus-Woller (Schlagzeug),
Rainer Dorstewitz (Banjo), Dieter Kordes (Klavier, Akkordeon, Gesang) und Bruno Weis selbst (Banjo, Waschbrett, Moderation), ihre Zuhörer.
Wie so oft übertrug sich die gute Stimmung der Musiker schnell auf das Publikum und schon bald wurde mitgeklatscht und getanzt. Das Rezept der Band mit dem abwechslungsreichen Repertoire aus Jazzstandards, verjazzten Oldies und Evergreens und die Art der Interpretation, mit der sie gekonnt und humorvoll alte Titel neu belebten, zeigte wieder einmal vollen Erfolg. Der "Gast-Schlagzeuger" Tommy ließ die Bühne erzittern und Stücke wie „Bel ami“, „Petite Fleur“, „Buona Sera“ oder „Blue Berry Hill“ wurden mit besonders viel Applaus bedacht, ebenso wie die Rock`n´ Roll Stücke „Sweet Little Sixteen“ oder „Blue suede Shoes“.
Nach dem Konzert, wurden im Foyer ein kleiner Umtrunk und Häppchen gereicht, während die Musiker die Bühne freiräumten und der Saal, in Windeseile, zum Speisesaal umfunktioniert wurde, so dass den Gästen schon bald ein sehr leckeres, regional geprägtes „Vier Gänge Menü“ serviert werden konnte.
Inzwischen war auch die Entscheidung gefallen, mit den Bussen nach Davos zurückzukehren. Man war sich nicht sicher gewesen, ob der Wetterbericht doch Recht behalten sollte und der vorhergesagt Schnee fallen würde.
Schon am nächst Tag kam die Sonne wieder zum Vorschein und bot die besten Voraussetzungen für den Ausflug mit dem Bernina Express. Ab dem Bahnhof Davos-Platz waren zwei komplette Panorama- Wagons für den Fanclub reserviert. Die Bernina- Bahnlinie, die 1910 fertig gestellt wurde und heute ein Teil des UNESCO Welterbes RhB ist, ist die höchstgelegenen, ganzjährig betriebene Bahnverbindung über die Alpen.
Die Strecke erfreute die Reisenden mit immer neuen Höhepunkten. Unzählige Tunnel wechselten sich mit spektakulären Viadukten und Schutzgalerien ab, Wasserfälle, Berggipfel, Gletscher und Bergseen leuchteten von nahem und weitem. Andere, bezaubernde Eindrücke ergaben sich durch die, mit frischem Neuschnee des vergangenen Tages überzogene, Landschaft. Und schließlich fraß auch die Sonne die Wolken auf. Beim Stopp an der Station Alp Grüm, auf 2091 m ü. M., stiegen die Musiker mit ihren Instrumenten aus und gaben, zur allgemeinen Begeisterung, im Anblick des 3905 m hohen Piz Palü, mit kalten Fingern, ein Ständchen auf dem Bahnsteig.
Von nun an schlängelte sich der Zug über weitere 1662 Höhenmeter, in fantastischen Serpentinen, mit bis zu 70 Promille Gefälle und dem einzigartigen Kreisviadukt Brusio, hinunter ins italienische Tirano, das nur 429 m über dem Meer liegt. Hier war bei 22 Grad Sommer angesagt. Viel Zeit für einen „Italienurlaub“ blieb allerdings nicht, da der „Tross“ für ein Mittagessen mit Veltliner Spezialitäten angemeldet war und man den Zug für die Rückfahrt erreichen wollte, was schließlich der Sinn der Reise war.
Jetzt fuhr die Bahn anders herum. Was auf der Hinfahrt Vorne war, war jetzt hinten und was Hinten war, war jetzt vorne. So ergaben sich auf der gleichen Strecke völlig neue Eindrücke.
Nun aber packten die Blütenweg-Jazzer ihre Instrumente aus und spielten erst in dem einen, von den Fans reservierten Wagon, und dann in dem anderen ihre beliebtesten Stücke. Die Begeisterung aller Reisenden kannte keine Grenzen. Die Zugbegleiterin vom Getränkewagen ließ sich sogar zu einem Tänzchen hinreißen. Auch die Musiker ließen sich erneut animieren, um diesmal auf dem Bahnsteig der höchstgelegenen Station, am Ospizio Bernina, auf 2253 m ü. M. noch mal ein Ständchen zu geben. Auf ihrem Rückweg durch den Zug gab die junge Zugbegleiterin zu erkennen, dass sie Sängerin in einer Jazzband ist. Das passte. So griff die Band erneut zu den Instrumenten und begleitete die Hobbysängerin bei einigen ihrer Songs. Die Stimmung ließ sich nicht mehr steigern und der Wagon platzte fast aus den Nähten. So verging die Zeit wie im Flug und die Fahrt war viel zu schnell zu Ende.
An diesem Abend kehrte an der Hotelbar recht früh Ruhe ein.
Für Mittwoch war die Fahrt mit dem Glacier Express vorbereitet. Diesmal schon etwas früher als die Tage vorher, starteten die Busse vom Hotel aus. Nach einer wunderschönen Fahrt durch die Urschweiz und einer einstündigen Pause im sonnigen Ort Brunnen am Vierwaldstätter See, erreichte die Gruppe gegen 12.00 Uhr Andermatt. Hier wollte man den Glacier Express besteigen. Bis zur Abfahrt des Zuges war noch genügend Zeit, so dass die Jazzer auch jetzt schon zu ihren Instrumenten griffen und mehrere Stücke aus ihrem reichhaltigen Programm, vor dem Bahnhof, zum Besten gaben. Belohnt mit riesigem Applaus.
Der Glacier Express, der langsamste Schnellzug der Welt, verkehrt auf einer Strecke von ca. 280 km, zwischen Zermatt und Davos, führt durch 91 Tunnels und über 291 Brücken.
Die Mitglieder des Fanclubs saßen nun auch hier, in zwei reservierten Panorama-Wagons der Bahn. Während sich die Lock von Andermatt (1436 m ü. M.) aus, mit Hilfe eines Zahnrades, in mehreren weiten Schleifen den Steilhang, bis auf 2033 m ü. M. hinauf arbeitete, dem höchsten Punkt dieser Reise dem Oberalppass, bekamen die Gäste schon bald ein vorbestelltes Mittagessen serviert. Welch eine tolle Planung von Tanja.
Durch schützende Lawinengalerien, vorbei an baumlosen, frisch gepuderten Hängen, glitzernden Bergseen, wolkenverhangenen Gipfeln und malerischen, einsamen Bergdörfern schlängelte sich der Zug durch entlegene Täler Richtung der imposanten Rheinschlucht, dem Grand Canyon der Schweiz. Die, auf Grund der ganz besonders bizarren Gesteinsformationen, eine der faszinierendsten Flusslandschaften Europas ist.
Dann war wieder "Jazz time" angesagt. Ein weiteres Mal kamen die Instrumente zum Einsatz. Die Stimmung kam, Dank der schwungvollen Musik, schnell zu einem erneuten Höhepunkt und auf dem engen Raum, zwischen den Tischen, wurde sogar getanzt.
Die Landschaft entlang der Bahn hatte sich derweilen verändert. Man bewegte sich wieder unterhalb der Baumgrenze. Burgen, Schlösser und Klöster tauchten auf und verschwanden und immer mehr Ortschaften huschten vorbei. Beim Überqueren einer Brücke konnte man einen kurzen Blick in die wilde, sagenumwobene Schlucht Viamala werfen und durchfuhr
dann die wilde Schynschlucht und später über eine weitere imposante Brücke, mit einer Höhe von 89 Metern. Das Landwasserviadukt, die kühnste und schönste Brücke der Schweiz, folgte kurz vor Filisur. Im eleganten Bogen, auf fünf Pfeilern von 65 Metern Höhe, führen die Schienen direkt in den 216 m langen Landwassertunnel. Ein Meisterwerk der Baukunst.
In Filisur wurde umgestiegen. Vom eleganten, hochmodernen Glacier Express wechselte man in den Nostalgiezug mit der historischen Krokodillock. In den alten Wagons, mit den Holzbänken, erreichte man 40 Minuten später Davos-Platz, den Zielbahnhof. Aber noch nicht genug der Höhepunkte. Auch hier im Bahnhof ließen es sich die Blütenweg-Jazzer nicht nehmen noch einmal ein "Kurzkonzert" zu geben, zum Erstaunen und zur Begeisterung der Bahnbediensteten und zufällig anwesenden Fahrgäste. Erst danach wurden die Instrumente endgültig verpackt.
Die Heimfahrt, bei wiederum strahlend blauem Himmel, verlief unspektakulär. Die hervorragenden Busfahrer, Peter und Jürgen brachten ihre Fahrgäste zur allgemeinen Überraschung, zur Mittagspause, mitten nach Ulm und umfuhren anschließend gekonnt, den, sich ankündigenden, Stau.
Auf jeden Fall waren sich wohl alle Reiseteilnehmer einig, dies war wieder einmal eine unvergleichliche Reise, mit tollen landschaftlichen Eindrücken und voller musikalischer Höhepunkte. Wer sonst hat schon einmal ein Konzert im Glacier Express erlebt?